Das Worldcoin-Projekt ist seit Monaten in verschiedenen Großstädten wie Barcelona, New York und Berlin unterwegs. Begleitet wird das Projekt von schädelgroßen, metallenen Kugeln, den sogenannten Orbs, mit denen weltweit Iris-Scans durchgeführt werden. Laut Worldcoin haben bereits zwei Millionen Menschen ihre Augen scannen lassen, und wöchentlich kommen 40.000 neue dazu. Nach dem Erfolg von ChatGPT und dem Hype um KI-Technologien wächst auch das Interesse an dem Worldcoin-Projekt.
Wer Teil des neuen Krypto-Movements Worldcoin werden möchte, kann dies in etwa einer Minute erreichen. Durch den Blick in den dunklen Orb erstellt man eine digitale Identität, die „World ID“. Diese digitale Identität soll sensible Informationen wie Telefonnummern ersetzen. Die dazugehörige App beinhaltet eine Wallet, über die in Zukunft mit der Kryptowährung „Worldcoin“ bezahlt werden soll. Das Projekt befindet sich derzeit in der Beta-Phase.
Die Motive hinter dem Projekt klingen zunächst edel. Worldcoin strebt ein „menschlicheres Wirtschaftssystem“ an. Das Identitätsprotokoll „World ID“ soll es Menschen ermöglichen, ihre Einzigartigkeit und Menschlichkeit auf digitalem Weg nachzuweisen. Worldcoin verspricht finanzielle Inklusion und erwähnt sogar die Möglichkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Allerdings ist eine World ID ohne den Iris-Scan nicht möglich. Worldcoin verspricht höchste Datenschutzanforderungen und gibt an, dass die biometrischen Daten mithilfe der Verschlüsselungstechnik „Zero-Knowledge-Proofs“ in einen kryptografischen Code, den Iris Hash, umgewandelt werden. Dieser Code soll keiner Person mehr zugeordnet werden können, und private Daten werden angeblich nicht gespeichert.
Von Anfang an gab es jedoch Kritik an dem Megaprojekt. Es wird bezweifelt, dass die personenbezogenen Daten tatsächlich geschützt werden können. Edward Snowden warnte vor der Speicherung der Hashes, die von den Scans erzeugt werden. Er betonte, dass man keine Augäpfel katalogisieren solle. Auch das MIT Technology Review warnte vor den nicht absehbaren Folgen einer massenhaften Datenerhebung und kritisierte die irreführenden Marketingpraktiken des Unternehmens sowie das Versäumnis, eine sinnvolle informierte Zustimmung einzuholen.
Besorgniserregend ist auch das Vorgehen von Worldcoin bei der Werbung für Iris-Scans. Laut MIT Technology Review wurden insbesondere in Schwellenländern Afrikas Menschen mit Werbegeschenken und bis zu 25 Dollar Handgeld angelockt, obwohl es die Kryptowährung Worldcoin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab. Die Rekrutierung erfolgt auf Provisionsbasis und wird in Tether USDT ausgezahlt.
Worldcoin betont, dass zwei Millionen World ID-Anmeldungen nicht nur ein Erfolg für die Worldcoin-Gemeinschaft sind, sondern auch ein bedeutender Meilenstein für die weltweiten Bemühungen zur Schaffung digital verifizierbarer Identitäten für alle. Allerdings muss man bei den Methoden, die dafür angewandt werden, wohl ein Auge zudrücken.
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